20. So. n. Trinitatis

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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

Pred. 12,1-7: 1 Denk an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe die bösen Tage kommen und die Jahre nahen, da du wirst sagen: »Sie gefallen mir nicht«; 2 ehe die Sonne und das Licht, der Mond und die Sterne finster werden und die Wolken wiederkommen nach dem Regen, – 3 zur Zeit, wenn die Hüter des Hauses zittern und die Starken sich krümmen und müßig stehen die Müllerinnen, weil es so wenige geworden sind, wenn finster werden, die durch die Fenster sehen, 4 wenn die Türen an der Gasse sich schließen, dass die Stimme der Mühle leise wird und sie sich hebt, wie wenn ein Vogel singt, und alle Töchter des Gesanges sich neigen; 5 wenn man vor Höhen sich fürchtet und sich ängstigt auf dem Wege, wenn der Mandelbaum blüht und die Heuschrecke sich belädt und die Kaper aufbricht; denn der Mensch fährt dahin, wo er ewig bleibt, und die Klageleute gehen umher auf der Gasse; – 6 ehe der silberne Strick zerreißt und die goldene Schale zerbricht und der Eimer zerschellt an der Quelle und das Rad zerbrochen in den Brunnen fällt. 7 Denn der Staub muss wieder zur Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.

Liebe Gemeinde!
Dieser Sonntag im Kirchenjahr wird manchmal „Familiensonntag“ genannt: Im Evangelium geht es um Ehescheidung und Kinder und in unserem heutigen Abschnitt um das Altern. Schonungslos wird hier erzählt, warum Altwerden nichts für Feiglinge ist. Sonne, Mond und Sterne werden finster, nach dem Regen ist es gleich wieder bewölkt, es geht also nicht mehr aufwärts. Die Hüter des Hauses zittern, das heißt, unsere Arme werden schwach. Die Starken krümmen sich: Unsere Beine werden krumm, das Laufen wird beschwerlicher. Die Müllerinnen, also die Zähne, die das Essen mahlen, werden immer weniger. Die durch die Fenster sehen, werden finster: Stück für Stück nimmt bei vielen die Sehfähigkeit ab. Die Türen der Gasse schließen sich, das heißt: Die Ohren, die hören können, was im Dorf los ist, können nicht mehr so viel hören. Die Stimme der Mühle wird leise: Auch unsere Stimme verändert sich. Manche werden im Alter heiser, manche Stimmen werden höher, manche leiser. Man fürchtet sich vor den Höhen und vor den Wegen. Die Jahreszeiten wie der Frühling zur Mandelblüte, der Sommer mit den Heuschrecken und der Frühherbst, in dem die Kapernäpfel reif sind, sie führen für uns nicht in den Kreislauf von Winterruhe bis Neuerwachen, sondern dahin, dass der Lebensfaden abgeschnitten wird und wir wieder zu Staub werden. Ja, wenn man das hört, versteht man schon ganz gut, warum Blacky Fuchsberger ein Buch mit dem Titel „Altwerden ist nichts für Feiglinge“ geschrieben hat.
Aber wozu erzählt der Prediger das alles? Offenbar will er vor allem seine Mahnung unterstreichen: Denk an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe die bösen Tage kommen und die Jahre nahen, da du wirst sagen: »Sie gefallen mir nicht«.
Ja, das ist eine wirklich eindringliche Mahnung, schon in jungen und gesunden Jahren an den Schöpfer zu denken, daran, dass Gott uns wunderbar gemacht hat und die Welt und die Mitmenschen dazu. Warum ist es gut, diesem Rat zu folgen?
Zum einen: Wer in jungen und gesunden Tagen den Schöpfer nicht vergisst, der kann das Leben richtig auskosten.
In jungen Jahren wollen wir etwas erleben, das Leben spüren, nichts verpassen. Das hat Risiken und Nebenwirkungen. Wir wollen nichts verpassen, also sind wir überall ein bisschen dabei. Wir haben übervolle Terminkalender und müssen uns oft zwischen mehreren Varianten entscheiden, wie wir unsere Zeit zubringen. Wir erleben unheimlich viel – aber das Risiko ist, dass wir es dabei nicht mehr erleben. Wer nämlich zu viel erlebt, der erlebt vieles vielleicht auch gar nicht mehr sehr bewusst.
Folgende Geschichte beschriebt ganz gut, was da passieren kann: Ein weiser Mann wurde einmal gefragt, warum er trotz seiner vielen Beschäftigungen immer so glücklich sein könne. Er sagte: ‚Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich sitze, dann sitze ich, wenn ich esse, dann esse ich, wenn ich spreche, dann spreche ich …‘ Dann fielen ihm die Fragesteller ins Wort und sagten: ‚Das tun wir auch, aber was machst Du darüber hinaus?‘ Er sagte wiederum: ‚Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich sitze, dann sitze ich, wenn ich esse, dann esse ich, wenn ich spreche, dann spreche ich …‘ Wieder sagten die Leute: ‚Das tun wir doch auch!‘ Er aber sagte zu ihnen: ‚Nein, wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon, wenn ihr steht, dann lauft ihr schon, wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.‘“
Wenn wir intensiv das Leben auskosten wollen, tut es gut, an den Schöpfer zu denken und uns zum Beispiel zu sagen: „Was ich jetzt, in dieser Minute erlebe, ist ein Geschenk des Schöpfers. Meine Kraft, mein Erfolg, mein Lachen, meine Freude, das kommt von ihm und auch all das, was ich erlebe.“ Oder, wenn wir tatsächlich von Termin zu Termin eilen müssen, können wir uns immer mal wieder eine ruhige Minute nehmen, um uns zu erinnern, was wir erleben durften. Dann rauscht das Schöne des Lebens nicht so an uns vorbei und wir haben Zeit, uns über das Leben zu freuen.
Noch einen Vorteil hat es, wenn wir in jungen und gesunden Jahren an den Schöpfer denken. Wir lernen die Schöpfung schätzen, ob Mensch, Tier, Pflanze oder Landschaft. Und damit kommt auch die Verantwortung. Wir kosten das Leben aus, aber wir beuten es nicht aus. Wir beuten uns selbst nicht aus, indem wir nur noch Stress und Hektik machen. Wir versuchen, die Erde nicht zu sehr auszubeuten, sondern die Umwelt zu schonen. Wir quälen keine Tiere, wir lassen unseren Müll nicht herumliegen, wir bemühen uns, Energie zu sparen. Und wir beuten andere nicht aus. Oma ist nicht nur die, die  zu Weihnachten und zum Geburtstag 20 Euro abdrückt, sondern auch die, für die wir uns gern mal Zeit nehmen und der wir mal helfen, wenn uns als jüngeren Leuten etwas leichter fällt. Der Kollege ist nicht nur der, dem man mal eine ungeliebte Arbeit rüberschieben kann, sondern für den man auch im Notfall einspringt. Wo solche Verantwortung Kreise zieht, da lebt es sich besser miteinander.
Und schließlich: Wer schon in jungen Jahren an den Schöpfer denkt, hat schon dann einen Trost für Zeiten, in denen das Leben einmal schwer fällt. Das muss ja nicht nur durch Krankheit oder Alter passieren, auch bei Liebeskummer, im Prüfungsstress oder in Trauer hat man Zeiten, von denen man sagt: „Die gefallen mir nicht.“ Es ist gut, dann an den Schöpfer zu denken. Schließlich hat er uns ins Leben gerufen, so wichtig sind wir ihm. Er hat uns auch das Leben bis dahin erhalten, durch alltägliche Dinge wie Essen und Trinken, aber vielleicht auch in mancher Gefahr. Er hat die ganze Welt in der Hand, und er weiß wohl so manches, was wir nicht überblicken. So dürfen wir hoffen, dass er uns auch in den Zeiten, die uns nicht gefallen, liebend umgibt, es immer noch gut mit uns meint und selbst dann für uns da ist, wenn unser Lebensfaden abgeschnitten wird.
Trost in schweren Zeiten, mehr Freude in guten Zeiten, das können wir bekommen, wenn wir Leben und Gesundheit nicht selbstverständlich nehmen, sondern unserem Schöpfer dafür danken. Dazu schenke uns Gott seinen heiligen Geist. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.   

Guter Gott, wir danken dir, dass du uns das Leben gegeben hast und die Welt geschaffen hast. Hilf uns, das Leben, das du uns schenkst, nicht selbstverständlich zu nehmen, sondern es dankbar wahrzunehmen und uns daran zu freuen. Hilf uns, auch alles andere, was lebt, zu achten und mit Verantwortung zu behandeln. Und lass uns in schweren Zeiten zum Trost werden, dass du die Welt in der Hand hast. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen