8. Sonntag nach Trinitatis

Audio Datei: 8. Sonntag nach Trinitatis

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

Liebe Gemeinde!
„Lebt als Kinder des Lichts“, heißt es in unserem Wochenspruch, und wir werden an diesem Sonntag aufgefordert, so zu leben, dass das Licht Jesu Christi durch uns hindurch in die Welt strahlt. Unser heutiger Abschnitt für die Predigt gibt uns Hinweise dafür, was das für den Umgang mit Leid bedeutet. Wir hören Joh 9,1-7: 1 Und Jesus ging vorüber und sah einen Menschen, der blind geboren war. 2 Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Meister, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist? 3 Jesus antwortete: Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm. 4 Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. 5 Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt. 6 Als er das gesagt hatte, spuckte er auf die Erde, machte daraus einen Brei und strich den Brei auf die Augen des Blinden. 7 Und er sprach zu ihm: Geh zum Teich Siloah – das heißt übersetzt: gesandt – und wasche dich! Da ging er hin und wusch sich und kam sehend wieder.
Liebe Gemeinde!
„Womit habe ich das verdient?“ so fragen sich oft Menschen, die besonderes Leid aushalten müssen. Womit habe ich das verdient, dass ich eine schwere Krankheit habe, mit einer Behinderung leben muss,  einen lieben Menschen verloren habe, dass meine Eltern sich trennen, dass mein Arbeitgeber bankrott geht und alle entlässt? Ja, woher kommt das Leid auf dieser Welt?
Die Jünger stellen Jesus eine ganz ähnliche Frage, wenn sie wissen wollen, ob der blind geborene Mann oder seine Eltern gesündigt haben. Aber Jesus fertigt die Jünger schnell ab: „Weder noch, sondern an diesem Mann müssen Gottes Werke offenbar werden.“ Die Jünger hätten nun natürlich weiter fragen können: „Womit hat diese Mann verdient, jahrelang blind zu sein, damit an ihm Gottes Werke offenbar werden?“ Aber genau das zeigt, warum die Frage „Womit habe ich das verdient?“ oder „Womit hat er oder sie das verdient?“ nicht weiterführt. Wir können Gottes Pläne eben nicht überblicken, und so führt diese Frage uns zwar ins Grübeln und Hadern, aber nicht zu einer Antwort. Und zudem enthält diese Frage eigentlich eine ungeheuerliche und unwahre Unterstellung gegen all die, die Leid zu tragen haben, nämlich die, dass ihr Leid die Strafe für irgendeine Schlechtigkeit sei.
Deshalb antwortet Jesus nicht auf die Warum- Frage, sondern lenkt die Gedanken der Jünger in eine ganz andere Richtung. Er nennt sich selbst das Licht der Welt und heilt den blinden Mann. Und er erweist so Gott, von dem er herkommt, als den, der die Menschen liebt und für sie da ist. Und der Weg durch Kreuz und Auferstehung, den Jesus  ging, hat gezeigt, dass das nicht nur für einzelne Personen gilt. Uns allen gelten Jesu Lichtblicke. Wir dürfen vertrauen: Wir sind nicht allein. Wir sind mit unseren schlechten Seiten dennoch angenommen, wenn wir zu Gott kommen. Und wir dürfen auf eine Ewigkeit hoffen, in der all unser Leben hier auf Erden seinen Sinn und sein Ziel findet.
Damit werden wir den Sinn von Leid vielleicht trotzdem nicht wirklich verstehen. Aber das Vertrauen auf Gottes Nähe, Liebe, Hilfe und Erlösung kann uns helfen, dass statt des Grübelns und Haderns etwas anderes in den Mittelpunkt rückt.
Jesus sagt: „An dem blind geborenen Mann müssen Gottes Werke offenbar werden. Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat.“ Damit sind auch wir gemeint, die wirken sollen. Wo es uns gelingt, auf Jesus zu vertrauen, da bleiben wir nicht stecken in der Frage nach dem Warum, sondern eine andere Frage bestimmt unser Verhalten, nämlich: „Wie kann jetzt Gottes Wirken an mir offenbar werden?“ Und dazu müssen wir uns dann nicht mühevoll aufraffen, sondern die Lichtblicke, die Jesus uns gibt, schenken uns genug Kraft und Zuversicht dazu, wir geben das Licht weiter, das uns bescheint.
Man merkt es Menschen in schweren Situationen oft tatsächlich an, dass sie so nach vorne denken und fragen: „Wie kann jetzt Gottes Wirken an mir offenbar werden?“
Ich denke an eine Familie aus einer früheren Gemeinde, vor der ich ziemliche Hochachtung habe. Der Sohn war Konfirmand, ich machte einen Hausbesuch. Da redeten sein Vater, seine Mutter und deren beide neue Partner freundlich und friedlich von der Gestaltung der Konfirmation. Und ich merkte: Da hatten die getrennten Eltern wohl offenbar erkannt, dass zu einem Streit immer zwei gehören. Offenbar hatten sie beschlossen, sich nicht länger mit der Frage, wer schuld sei, aufzuhalten, sondern aus dem, was ist, das Beste zu machen. Der Liebe war Streit, aber dem Streit gegenseitiger Respekt gefolgt, und ich dachte: „Wenn es in einer Ehe nicht mehr geht, ist das die christlichste Weise, damit umzugehen.“
Anderen spürt man das Licht Jesu Christi daran ab, wie sie trotz schwerer Schicksalsschläge nicht verbittern, sondern eine positive Haltung behalten. Den meisten fallen wohl solche Menschen ein. Bei mir sind es meine Eltern. Mein Vater, der von einem Krankenhaus- aufenthalt berichtete: „Ich konnte nachts nicht schlafen, also habe ich einfach an alle möglichen Menschen gedacht, die mir am Herzen liegen und für sie gebetet.“ Oder  meine Mutter, die seit Jahren mit einem Nachlassen ihrer Kräfte klar kommen muss, aber nicht jammert, sondern sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten immer wieder neue Ziele steckt. Selbst als sie neulich sehr kritisch erkrankt im Krankenhaus lag, hat sie den Ausblick aus ihrem Krankenhausfenster noch fotografiert.
Wenn Menschen nicht fragen „Womit habe ich das verdient?“, sondern überlegen, wie sie nach Gottes Willen jetzt leben sollen, ist viel von Gottes Güte an ihnen zu spüren.
Genauso kann und soll das gehen bei fremdem Leid. Nicht die Frage „Wer ist schuld daran?“ soll im Vordergrund stehen, sondern die Frage: „Wie können wir als Christen helfen und so Jesu Licht weitergeben?“ Aus dieser Frage heraus ist schon viel Gutes in unserem Land entstanden. Große diakonische Werke und kleine Diakonievereine haben ihre Arbeit unter dieses Motto gestellt. Aber ebenso ist unter diesem Motto Nachbarschaftshilfe und vieles mehr entstanden. In einer früheren Gemeinde gab es eine Hausaufgabenhilfe für Schüler, die sich mit dem Lernen schwer taten. Angestoßen und geleitet wurde sie von einem Mann, der wegen schwerer Herzerkrankung nicht mehr berufstätig sein konnte, aber eine Aufgabe suchte.
Die Frage „Womit habe ich, hat er, hat sie das verdient?“ führt nicht weiter. Besser, wenn uns die frage prägt: „Wie kann jetzt Gottes Wirken an mir offenbar werden?“ Denn dann geben wir das Licht Jesu, das uns bescheint, weiter. Dass uns das gelingt, dazu schenke uns Gott seinen heiligen Geist. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.  

Guter Gott, dein Licht scheint durch Jesus in unser Leben. Hilf, dass es uns Mut, Kraft und Zuversicht für jeden Tag gibt. Hilf uns, dein Licht weiterzugeben, indem wir uns um Frieden bemühen und für andere da sind. Erleuchte uns, dass wir die richtigen Worte und Taten finden. Sei mit deinem Licht bei den Menschen im Leid, dass sie dadurch Trost bekommen. So begleite und geleite uns durchs Leben. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen.