Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.
2. Mose 1,15-20: 15 Und der König von Ägypten sprach zu den hebräischen Hebammen, von denen die eine Schifra hieß und die andere Pua: 16 Wenn ihr den hebräischen Frauen bei der Geburt helft, dann seht auf das Geschlecht. Wenn es ein Sohn ist, so tötet ihn; ist's aber eine Tochter, so lasst sie leben. 17 Aber die Hebammen fürchteten Gott und taten nicht, wie der König von Ägypten ihnen gesagt hatte, sondern ließen die Kinder leben. 18 Da rief der König von Ägypten die Hebammen und sprach zu ihnen: Warum tut ihr das, dass ihr die Kinder leben lasst? 19 Die Hebammen antworteten dem Pharao: Die hebräischen Frauen sind nicht wie die ägyptischen, denn sie sind kräftige Frauen. Ehe die Hebamme zu ihnen kommt, haben sie geboren. 20 Darum tat Gott den Hebammen Gutes.
Liebe Gemeinde!
„Ich kann so schlecht nein sagen“, klagte er und erzählte, wie seine Tage oft so verliefen: „Der Chef sagt: 'Können Sie heute länger arbeiten?' Und ich sage Ja. Meine Frau fragt: 'Kannst du nach der Arbeit noch den Wocheneinkauf erledigen und die Hausaufgaben von unserem Kind in die Schule bringen? Und kannst du abends bitte noch die Rechnungen überweisen? Und den Müll rausstellen?' Und ich sage Ja. Im Verein fragen sie an: 'Da wäre ein Baueinsatz im Vereinsheim zu leisten, du machst doch mit?' Und ich sage Ja. Der Kollege fragt: 'Kannst du für mich die Wochenendbereitschaft übernehmen?' Und ich sage Ja. Oma fragt: 'Kannst du diese Woche mal kommen und mir ein paar Leuchtstoffröhren austauschen und den Rasen mähen?' Und ich sage Ja. Mein Kumpel fragt: 'Können wir uns diese Woche mal abends treffen? Ich habe ein Problem, ich brauche mal jemanden zum Reden.' Und ich sage Ja. In der Schule fragen sie: 'Kannst du beim Elternbeirat mitmachen?' Und ich sage Ja. Ja. Ja Ja. Und dann schwirrt mir der Kopf, ich fühle mich total überfordert, weiß nicht mehr, wo anfangen und aufhören, und abends falle ich nur noch wie tot ins Bett. Aber dann kann ich nicht richtig schlafen.“
Liebe Gemeinde, kennen Sie vielleicht auch solche Zeiten, vielleicht mit anderen Anfragen und Aufgaben? Vielleicht haben Sie das vor Corona erlebt und fragen sich im Stillen, ob Sie nach Corona je wieder die Kraft für all diese Anforderungen bekommen. Oder vielleicht hat die Coronakrise das bei Ihnen gerade erst ausgelöst, weil sich Homeoffice und Kinderbetreuung mischen, weil in manchen Berufen Mehrarbeit angesagt ist, weil die ganzen Coronaauflagen so viel Extraarbeit machen. Und vielleicht sind Sie ja auch gutmütig und tun sich schwer damit, Nein zu sagen.
Nicht nein sagen können ist ein Zeichen von Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Aber es hat auch Risiken und Nebenwirkungen. Etwa, dass wir überlastet werden. Oder dass wir so viel übernehmen, dass für die einzelne Aufgabe gar nicht mehr genug Energie übrig bleibt und wir sie nicht aus vollem Herzen tun. Oder, noch schlimmer, die Gefahr besteht, dass wir den Mut zum Neinsagen nicht einmal dann haben, wenn es dringend geboten ist. Etwa als Jugendliche, wenn die anderen einen wirklich fiesen oder gefährlichen Streich planen und es dringend geboten wäre, zu sagen: „Nein, da mache ich nicht mit, das ist zu unfair.“ Oder im Betrieb, wenn alle auf eine Person einhacken und es dringend geboten wäre, zu sagen: „Da mache ich jetzt nicht mehr mit, jeder hat gute und schlechte Seiten, jetzt hetzt mal nicht immer gegen eine einzelne Person!“ Oder vielleicht auch mal im Gespräch, wenn jemand menschenverachtende Ansichten von sich gibt.
Auch wenn Neinsagen oft schwer ist, ist es auf der anderen Seite wichtig: Wichtig für uns, damit wir uns nicht überlasten. Wichtig für andere, damit unser Ja für sie eine zuverlässige Größe ist. Wichtig für die Welt, weil wir manchmal Nein zu einem Unrecht sagen müssen.
Die beiden Hebammen Pua und Schifra können uns da Vorbild sein. Es war im alten Ägypten. Die Israeliten hatten sich durch Josef dort angesiedelt, und es ging ihnen gut, weil ihr Verwandter Josef in Ägypten gut angesehen war. Viele Jahre später war Josef vergessen. Die Israeliten galten nur noch als ungeliebte Ausländer, und der Pharao wollte sie los sein. Also befahl er den Hebammen, alle männlichen Israelitenkinder bei der Geburt zu töten. Aber die Hebammen kannten Gottes Gebot, nicht zu töten, und so hielten sie den Befehl des Pharao nicht. Sie sagten nein, und das erforderte Mut, denn den Befehl eines Pharao zu missachten, konnte tödlich sein. Als der Pharao sie zur Rechenschaft zog, griffen sie zur Notlüge: „Wir kommen meistens sowieso zu spät zur Geburt.“
Bewundernswert, einerseits der Mut zu einer klaren ethischen Entscheidung, nämlich: Beim Töten machen wir nicht mit. Demgegenüber ist eine Notlüge, um uns vor der Willkür des Pharao zu retten, das deutlich kleinere Übel.
Und bewundernswert ist auch die List, mit der sich die Hebammen retten.
Das wäre doch für uns eine gute Sache, wenn wir erkennen könnten, wann ein Ja und wann ein Nein angebracht ist. Und es wäre schön, wenn wir dann das Nein noch so freundlich verpacken, dass es für andere gut annehmbar ist. Da gibt es ja so manch cleveren Tipp aus Ratgebern, etwa zu sagen: „Es ist schön, dass Sie mich fragen, aber im Moment kann ich das nicht machen“ oder „Wenn ich Ja sage, möchte ich meine Sache gut machen, das könnte ich aber im Moment nicht, deshalb sage ich nein“ oder, wenn es um Meinungen geht, mit Ich- Botschaften zu arbeiten: „Ich finde, Kollegin XY hat auch ihre guten Seiten.“ Oder: „Ich finde, man kann nicht alle Muslime über einen Kamm scheren.“
Aber leicht ist das nicht. Gott sei Dank kann uns Jesus Christus mit seiner Passion eine Hilfe sein. Zum einen kann er uns ein Vorbild sein. Jesus war kein Jasager. Er sagte Nein zum Unrecht. Er sagte Nein, wenn Menschen falsch und heuchlerisch waren. Er sagte Nein, wo versucht wurde, gegen die Pläne Gottes zu handeln. Und doch war sein Ja zu Gott und zu uns Menschen aus so vollem Herzen, dass er dafür sogar sein Leben gab.
Da stecken gute Richtlinien für uns drin: Einfach mal nachdenken, ob unser Ja zu Gottes Plänen passt und ob es ein menschenfreundliches Ja ist. Geht es um ein eindeutiges Unrecht, wo man einfach Nein sagen muss? Könnte mein Ja oder Nein mit Gottes Plänen zu tun haben? Will Gott zum Beispiel, dass ich vielseitig und an vielen Orten präsent bin, oder will er, dass ich eine Sache mit vollem Einsatz tue? Will Gott, dass ich alles schaffe, oder will er manchmal vielleicht auch, dass ich mich als Mensch mit Grenzen und Schwächen offenbare? Nicht immer haben wir Bedenkzeit, um so etwas abzuwägen. Aber wenn wir spüren, dass uns Neinsagen schwer fällt und wir manchmal bei einem Ja landen, mit dem es uns nicht gut geht, dann können wir im Vorfeld schon einmal nachdenken, wo unser Ja wirklich wichtig ist und wo unser Nein angesagt ist.
Trotzdem eine schwierige Herausforderung. Aber Jesu Passion kann uns noch auf andere Weise eine Hilfe sein. Dass Jesus für uns starb, heißt nämlich: Mit einem falsch verwendeten Ja oder Nein ist noch nicht alles aus. Gott schenkt uns die Chance, Fehler einzugestehen und dann neu anzufangen, unbelastet vom Alten. Wenn wir ein Ja oder Nein im Nachhinein bereuen, dann müssen wir also nicht verzweifeln. Sondern wir können daraus lernen und üben, es in Zukunft besser zu machen.
Und Jesu Passion sagt uns auch: Was auch immer geschieht, wir sind von Gott geliebt, er will das Beste für uns. Wenn wir ein Ja oder ein Nein sagen und Menschen uns das verübeln, dann können die Menschen uns das Leben schwer machen. Aber wir dürfen vertrauen: Gott ist an unserer Seite.
So kann uns Jesus mit seiner Passion zur Hilfe werden bei der Frage: „Ja oder Nein?“ Und Gott schenke uns seinen Geist, dass wir erkennen, wann er unser Ja und wann er unser Nein zu einer Sache will. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Guter Gott, du hast Ja zu uns gesagt, und doch sagst du nein zu Unrecht und Sünde. Wir danken dir dafür und bitten dich: Schenke uns deinen Heiligen Geist, damit wir Ja sagen zu dir, zu uns selbst, zu anderen Menschen und zu wichtigen Aufgaben. Hilf uns, zu unterscheiden, wann unser Ja und wann unser Nein angemessen ist. Leite du uns durch unser Leben. Amen.
Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und