Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres

Audio: Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

2. Kor. 5,1-10: 1 Denn wir wissen: Wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. 2 Denn darum seufzen wir auch und sehnen uns danach, dass wir mit unserer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet werden, 3 weil wir dann bekleidet und nicht nackt befunden werden. 4 Denn solange wir in dieser Hütte sind, seufzen wir und sind beschwert, weil wir lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden wollen, damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben. 5 Der uns aber dazu bereitet hat, das ist Gott, der uns als Unterpfand den Geist gegeben hat. 6 So sind wir denn allezeit getrost und wissen: Solange wir im Leibe wohnen, weilen wir fern von dem Herrn; 7 denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen. 8 Wir sind aber getrost und begehren sehr, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn. 9 Darum setzen wir auch unsre Ehre darein, ob wir daheim sind oder in der Fremde, dass wir ihm wohlgefallen. 10 Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, auf dass ein jeder empfange nach dem, was er getan hat im Leib, es sei gut oder böse.

Liebe Gemeinde!
Bau, Haus, kleiden, entkleiden, überkleiden, Heimat – was hat das alles miteinander zu tun?
Nun, Paulus benennt hier Dinge, die uns ein Gefühl der Sicherheit vermitteln.
Unser Haus oder unsere Wohnung ist der Rückzugsort, wo wir unsere Sachen haben. Dort können wir es uns gemütlich machen. Dort können wir selbst bestimmen, wer hinein darf und wer nicht. Da hat unser Leben seinen Rahmen.
Auch Kleidung kann ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Ein eleganter Anzug oder ein schickes Kostüm oder in der Schule vielleicht ein cooles Outfit lassen uns erfolgreich und selbstsicher wirken, egal, wie es in uns aussieht. Ein Pullover im Winter gibt uns schon durch seine Kuscheligkeit ein Stück Wohlbefinden. Die richtige Kleidung am richtigen Ort vermittelt Sicherheit.
Auch unsere Heimat vermittelt Sicherheit: Hier sind die Wege bekannt, und wir kennen die Menschen. Wir können die Lage einschätzen, denn alles ist uns vertraut.
Haus, Kleidung, Heimat, all das gibt ein Gefühl der Sicherheit. Und doch: Wie brüchig ist das alles!
Paulus bemerkt das und redet von der Hütte, einem windigen Gebäude, das schnell mal einstürzen kann, oder vom Entkleiden.
Auch wir bemerken, wie brüchig das ist, was uns ein Gefühl der Sicherheit gab. Corona erinnert uns daran, wie schnell es gehen kann, dass ein Mensch nicht mehr im gemütlichen Pullover zuhause oder im eleganten Outfit unterwegs ist, sondern im Krankenhaushemd auf der Intensivstation, um sich herum nur vermummte Fremde. Auch sonst macht Corona die Zeiten unsicher: Manche verlieren ihre Arbeit, manche können vielleicht sogar ihr Haus nicht halten. andere merken, dass man nichts wirklich planen kann.
Und heute denken wir auch zurück an die Opfer der beiden Weltkriege. Wie schnell konnte es da gehen, dass Menschen das verloren, was ihnen Sicherheit gab. Unzählige waren auf der Flucht. Unzählige wurden ausgebombt und standen vor den Trümmern ihrer Häuser. Viel zu viele wurden in grausame Lager gebracht. Unzählige Soldaten mussten weit weg von der Heimat kämpfen. Wer starb, dem haben andere verzweifelte Soldaten oft Schuhe oder Kleidung ausgezogen, weil ihre eigenen am Zerfallen waren.
Ja, würde Paulus vielleicht sagen, da ist der Tod schon sichtbar. Denn Sterben bedeutet. Alles, was uns auf der Erde ein Gefühl der Sicherheit gab, hat für uns ein Ende. Wir sind nackt, unbehaust und heimatlos in diesem Moment.
Aber, würde Paulus wohl sagen: Gott sei Dank ist das nicht alles. Wir haben einen Bau, von Gott gemacht. Wir werden überkleidet. Wir werden daheim beim Herrn sein. So schreibt Paulus. Er ist gewiss: Nach dem Sterben werden wir nicht nackt, heimatlos und unbehaust bleiben. Wir werden eine Heimat haben, werden spüren: Da, wo Jesus ist, da ist es gut. Wir werden bekleidet sein. Nicht unbedingt mit Kostüm, Anzug oder Pullover, aber wir werden spüren: So, wie wir sind, passen wir dahin, wo wir sind. Und wir werden ein Haus haben, nicht unbedingt ein Eigenheim oder eine nette Wohnung, aber eben den Ort, der für uns passt.
Dass wir wieder an einem Ort ankommen, wo wir geborgen sind, gibt Trost und Mut. Aber worauf gründet Paulus diese tröstliche Gewissheit?
Er redet vom heiligen Geist und vom Richterstuhl Christi. Der heilige Geist macht Paulus gewiss: Der Richter, der da sitzt und über uns urteilt, ist Jesus Christus. Derselbe, der aus Liebe zu uns sein Leben gegeben hat und den Tod überwunden hat. Auf ihn dürfen wir vertrauen.
Denn unser eigenes Tun würde nicht genügen, um bei Gott anzukommen. Wir sehen es ja: In unserer Welt herrscht Unfriede, obwohl jeder wissen könnte, wie schlimm Krieg ist. Und usnere Probleme wie Klimakrise oder Corona bearbeiten wir nicht solidarisch und gemeinsam, sondern viele denken nur an sich, und der Ton wird immer rauer. So, wie wir Menschen nun einmal sind, können wir vor Gott nicht bestehen. Aber dass Jesus Christus, der für uns starb und auferstand, selbst unser Richter ist, das gibt uns die Chance, dass es wahr wird mit dem guten Leben nach dem Sterben.
Wunderbar. Kann uns denn das Leben auf der Welt und wie wir es gestalten, dann egal sein?
Im Gegenteil. Paulus schreibt: „Darum setzen wir auch unsre Ehre darein, ob wir daheim sind oder in der Fremde, dass wir ihm wohlgefallen.“ Eben weil Jesus Christus unser guter Richter ist, eben weil die Aussicht auf Heimat, Bekleidetsein, einen guten Ort zum Bleiben und Geborgenheit keine Illusion ist, eben deshalb will Paulus jetzt schon Jesus Christus gefallen. Zumal Freispruch am Gericht ja nicht bedeutet, dass wir uns nicht mit unseren Taten auseinandersetzen müssen, und das kann weh tun. Deshalb ist es jetzt schon gut, unser Leben nach Gott auszurichten. Wie könnte das aussehen?
Nun, ein ganz wichtiger Faktor dabei ist sicher Frieden und Solidarität. Die Kriege dieser Welt können uns zeigen, was passiert, wenn Solidarität und Friede sich nicht durchsetzen können.
Erinnern wir uns bewusst daran und machen uns klar, dass wir in diesen schwierigen Zeiten voller heftiger Diskussionen Solidarität und Frieden besonders brauchen. Was können wir dafür tun?
Denken wir an unser Haus: Es ist gut, wenn wir uns nicht dort abschotten vor dem Leid anderer. Selbst wenn wir in Coronazeiten Menschen nicht immer hineinlassen können, können wir ihnen Zugang zu uns gewähren, Zugang zu unserer Seele, indem wir Anteil nehmen, ihre Nöte nicht vergessen, einen helfenden Handgriff, eine materielle Unterstützung oder ein gutes Wort für sie bereit haben.
Denken wir an die Kleidung. Die richtige Kleidung gewährt Sicherheit. Keiner will bloßgestellt werden. Gewähren wir das auch anderen, dass wir sie nicht fertig machen, sie nicht bloßstellen, sie nicht mit einem fiesen Shitstorm bombardieren, sondern das Gespräch suchen, Kritik sachlich äußern, uns Argumente anhören und  anderen helfen, ihre Würde zu wahren, selbst wenn sie Unrecht haben.
Denken wir an die Heimat: Es ist gut, wenn wir Menschen Heimat geben. Ich denke an Flüchtlinge, die sich zum Beispiel in unserem Dorf wohler gefühlt haben, weil da Menschen für sie da waren. Aber ich denke auch daran, was zum Beispiel mir Heimat gibt: wenn Menschen verlässlich sind, wenn sie mich annehmen, wie ich bin, wenn sie ehrlich sind und ich ihnen vertrauen kann. Versuchen wir doch, einander in diesem Sinne immer wieder Heimat zu geben.
Gott will uns am Ende die Geborgenheit und Sicherheit geben, die wir brauchen, und den Ort, an dem es gut ist. Deshalb müssen wir nicht alles für uns festhalten. Wir werden frei für andere. Gott schenke uns seinen Geist, dass wir dieses Geschenk nutzen, um den Frieden in der Welt zu fördern und nach Gottes Willen zu leben. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.   

Guter Gott, danke, dass du uns Heimat und Geborgenheit bei dir versprichst. So müssen wir nicht krampfhaft für uns selbst sorgen. Hilf uns, so zu leben, dass wir dir Freude machen durch Nächstenliebe, Frieden, Versöhnung und Vergebung. Und da, wo wir versagen, bitten wir dich um deine Gnade, die alles zum Besten wenden kann. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und