21. So. n. Trinitatis

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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

Liebe Gemeinde!
Mark war ein Erfolgsmensch. Seine Eltern hatten ihm auch schon früh erklärt, wie man zu einem Erfolgsmenschen wird: „Selbstoptimierung ist wichtig! Wer stehen bleibt, fällt zurück. Man muss immer besser werden.“ Die Lehren fielen bei Mark auf fruchtbaren Boden. Er strengte sich an, und so gehörte er in der Schule zu den Besten. Da er auch im Sport erfolgreich war und auf die anderen eine unwiderstehliche Ausstrahlung hatte, wurde er nicht als Streber abgestempelt, sondern war bei allen beliebt und meistens Klassensprecher. Auch bei den Mädchen kam er gut an, da wären viele gewesen, die ihn gern zum Freund gehabt hätten. Er war also der coolste Typ von der Schule – nach außen hin. Wenn er mal allein daheim saß, was selten vorkam, dann plagten ihn die Selbstzweifel. „Bin ich wirklich gut genug? War das nicht uncool, was ich heute gesagt habe? Was werden die Eltern sagen, wenn ich nur eine 2 habe?“ Dann strengte er sich noch mehr an, um gut zu sein. Und er war gut. Mit besten Noten bestand er auch die Universität, und dann bekam er eine verantwortungsvolle Tätigkeit, heiratete und bekam Kinder. Sie lebten in einem schönen Haus am Rande der Stadt. „Selbstoptimierung ist wichtig! Wer stehen bleibt, fällt zurück. Man muss immer besser werden.“ Dieser Satz der Eltern hatte Früchte getragen. Alle sagten: „Mark ist wirklich zu bewundern. Im Beruf Spitze. Ein liebevoller Familienvater. Sein Haus ist tipptopp in Ordnung! Und spannend, was man von ihm in den digitalen sozialen Netzwerken liest.“ Und Mark selbst? Wenn er einmal Zeit zum Nachdenken hatte, was selten vorkam, dann nagten die Selbstzweifel an ihm. Er fragte sich: „Was muss ich noch optimieren?“ Und immer wieder auch: „Wie kann ich das alles schaffen, was ich tun sollte? Ich bin bestimmt zu schlecht dafür!“ Außen erfolgreich, innen oft verängstigt, das war Mark.
Liebe Gemeinde, unser Reformator Martin Luther hätte wahrscheinlich gesagt: „Mark, ich verstehe dich. Mir ging es nämlich ganz ähnlich. Ich habe auch gedacht, ich muss immer besser werden. Bei  mir war die Angst sogar noch größer. Ich hatte nicht nur Angst, vor mir selbst nicht bestehen zu können, sondern ich hatte Angst, vor Gott nicht bestehen zu können und in der Hölle zu landen. Aber dann habe ich etwas erkannt.“
Das, was Martin Luther erkannt hat, kommt zum Beispiel zum Ausdruck in unserem heutigen Abschnitt für die Predigt. Wir hören Gal. 5,1-6: 1 Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! 2 Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden lasst, so wird euch Christus nichts nützen. 3 Ich bezeuge abermals einem jeden, der sich beschneiden lässt, dass er das ganze Gesetz zu tun schuldig ist. 4 Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, aus der Gnade seid ihr herausgefallen. 5 Denn wir warten im Geist durch den Glauben auf die Gerechtigkeit, auf die wir hoffen. 6 Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.
Liebe Gemeinde, es ist wohl eine Urangst der Menschen, nicht gut genug zu sein. Schon in der ersten Christenheit gab es dieses Thema. Paulus hatte offenbar mit Menschen zu tun, die sehr gesetzlich dachten. Sie wollten zwar schon auf Jesus Christus vertrauen, aber sicherheitshalber auch im jüdischen Sinne gesetzlich leben mit Beschneidung, Speisegeboten und dergleichen. Aber Paulus sagt ihnen: Das funktioniert so nicht. Wenn ihr sicherheitshalber doch das jüdische Gesetz einhalten wollt, dann vertraut ihr ja letztendlich doch nicht auf Jesus Christus, sondern auf euch und eure Leistung. Und dann müsst ihr diese Leistung auch perfekt bringen. Jesus Christus stellt sich das mit dem Glauben an ihn anders vor, als Glaube, der in der Liebe tätig ist, nicht im Leistungsdenken oder der Angst. Jesus Christus wünscht sich, dass ihr voll und ganz auf ihn und auf seinen Tod am Kreuz zu euren Gunsten vertraut. Dann ist nicht mehr Angst die Triebfeder eures Handelns und auch nicht Stolz oder Leistungsdenken. Sondern weil ihr euch nicht um euren eigenen Status kümmern müsst, seid ihr frei, um wirklich an Gott und andere zu denken. Ihr werdet in der Liebe tätig sein. Ihr müsst nicht sicherheitshalber irgendwelche Gesetze einhalten, ihr dürft auf Jesus Christus vertrauen. Dann habt ihr auch wirklich den Mut, schlimme Fehler in eurem Leben zuzugeben und euch zu bessern, und ihr habt die innere Freiheit, für andere da zu sein. Also vertraut euch Jesus Christus an!
Ja, das hat Paulus geschrieben, im Galaterbrief und an anderen Stellen in der Bibel. Das zu erkennen, war für unseren Reformator Martin Luther ein umwerfendes Aha- Erlebnis. Diese Erkenntnis hat sein ganzes Leben verändert. Vorher war er ein verängstigter Mönch gewesen, der sich bis zum Geht- nicht- mehr kasteite, der sich geißelte, der arbeitete, bettelte, fastete, betete und wachte und doch immer von Zweifeln und Ängsten geplagt war. Und nun kam in ihm das große Staunen auf über die unendliche Liebe Jesu. Er konnte sich Gottes und des Lebens freuen. Immer noch war es ihm das höchste Anliegen, sich nach Gottes Willen zu richten. Aber nicht aus Angst, sondern aus Freude, um Jesu Liebe zu erwidern. In der Folgezeit trat Martin Luther aus dem Kloster aus, heiratete, bekam Kinder und war doch immer unermüdlich im Namen Gottes tätig, und das mit Mut und viel Einsatz.
Was würde Martin Luther wohl weiter zu einem Selbstoptimierer wie Mark sagen? Vielleicht: „Ich verstehe deine Ängste und Sorgen. Deine Eltern haben immer gesagt: 'Selbstoptimierung ist wichtig! Wer stehen bleibt, fällt zurück. Man muss immer besser werden.' Aber ich sage dir im Namen Jesu: Du bist von Gott geliebt und gewollt. Gott lässt dich nicht fallen, wenn etwas in deinem Leben nicht optimal ist. Du hast es doch selbst längst gemerkt: Niemals kann in einem Leben alles optimal sein. Aber Gott nimmt dich gnädig an, und das, was dich belastet, kannst du vor ihn bringen und bei ihm loswerden. Vertrau auf Jesus Christus, der für dich starb. Und du wirst weiterhin alles gern so gut wie möglich machen. Aber nicht mehr aus Angst oder um gut dazustehen, sondern aus Freude über die Liebe Jesu. Und dann wirst du auch das erlangen, was noch wichtiger ist als alle Selbstoptimierung in der Welt: ein Leben in Gottes Hand, auch in der Ewigkeit.“
Ich stelle mir vor, wie es wohl sein könnte, wenn Mark diese Rede Martin Luthers gehört und verstanden hätte. Vielleicht folgendermaßen:  Als Mark das hörte, veränderte sich etwas in ihm. Es war, als ob eine Last von ihm abfiele. „Heute den Rasen nicht gemäht, zu wenig Zeit für die Kinder gehabt, bei der Arbeit einen kleinen Fehler gemacht“- solche Gedanken hatte er immer noch.  Er war ja immer noch pflichtbewusst. Aber seine Fehler quälten ihn nicht mehr so.  Er nahm sich abends Zeit, sie Gott zu sagen. Und am nächsten Tag, nach einer erholsamen Nacht, konnte er dann Dinge verbessern: den Rasen mähen, sich Zeit für die Kinder einplanen, den Fehler auf der Arbeit korrigieren. Ja, er hatte auch mal den Mut, zu seinen Schwächen zu stehen, und dass er Fehler ehrlich zugab und sich entschuldigte,  machte ihn den anderen noch sympathischer. Äußerlich war er immer noch der erfolgreiche Mark. Innerlich aber war er lockerer und gelassener, und dadurch gelang ihm manches sogar noch besser. Und in richtig schweren Zeiten wurde es ihm zum Trost, dass er auf eine gute Ewigkeit hoffen durfte.
Liebe Gemeinde, das wünsche ich uns: dass wir nicht auf uns und unsere Leistung vertrauen, sondern auf Jesus Christus. Ich wünsche uns, dass wir in diesem Vertrauen gerne, ohne Druck und Angst, sondern aus Liebe und Freude, Gutes tun. Und ich wünsche uns, dass wir so den Weg in die gute Ewigkeit gehen, die Gott uns versprochen hat. Dazu schenke uns Gott seinen heiligen Geist. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.   

Guter Gott, wir danken dir, dass wir auf Jesus Christus vertrauen dürfen und er unserem Leben hier und in der Ewigkeit Sinn und Ziel gibt. Hilf uns, dass wir uns voll und ganz auf ihn verlassen, uns über seine Liebe freuen und seine Liebe mit Freuden weitergeben. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und