10. So. n. Trinitatis

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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.

Liebe Gemeinde!
Impfweltmeister, immer in Kämpfe verwickelt, Holocaustopfer, an allem schuld … kaum jemandem in unserem Land ist Israel egal. Viele verbinden etwas mit diesem Land. Kein Wunder, dass es in unserer Kirche jährlich einen Israelsonntag gibt, an dem wir Christen über unsere Stellung zu den Juden und zum Volk Israel nachdenken.
Unser heutiger Abschnitt zeigt, dass wir mit dem Volk Israel so einiges gemeinsam haben. Wir hören 2. Mose 19,1-6: 1 Im dritten Monat nach dem Auszug der Israeliten aus Ägyptenland, an diesem Tag kamen sie in die Wüste Sinai. 2 Sie brachen auf von Refidim und kamen in die Wüste Sinai, und Israel lagerte sich dort in der Wüste gegenüber dem Berge. 3 Und Mose stieg hinauf zu Gott. Und der HERR rief ihm vom Berge zu und sprach: So sollst du sagen zu dem Hause Jakob und den Israeliten verkündigen: 4 Ihr habt gesehen, was ich an den Ägyptern getan habe und wie ich euch getragen habe auf Adlerflügeln und euch zu mir gebracht. 5 Werdet ihr nun meiner Stimme gehorchen und meinen Bund halten, so sollt ihr mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein. 6 Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein. Das sind die Worte, die du den Israeliten sagen sollst.
Liebe Gemeinde, ein Nachdenken über unsere Stellung zu den Juden müsste uns vor allem auf eines bringen, nämlich: Wir haben einen gemeinsamen Gott und auch sonst im Glauben einiges gemeinsam. Das zeigt uns gerade dieser Abschnitt, wo Gott durch Mose zu den Juden redet. Was gibt es da für Gemeinsamkeiten?
Zunächst: den Bund. Gott lässt durch Mose den Israeliten sagen: „Ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein.“
Priester und Heilige – gemeint ist: Menschen, die ganz zu Gott gehören, ihr Leben ganz im Einklang mit Gott leben und deren Leben deshalb sinnvoll und gut ist.
So hatte sich Gott das im Grunde von Anfang an vorgestellt. So war der Mensch grundsätzlich gemeint, als er im Garten Eden alles bekam, was er brauchte und nur auf ein Gebot achten sollte.
So stellte sich Gott das mit den Juden vor: dass sie durch seine Wundertaten ihm vertrauen lernten, dass sie seine Gebote hielten und damit zum Vorbild für andere Völker werden würden.
Und so stellt sich Gott das auch mit uns vor. Jesus hat es immer wieder klar gestellt: Zu Gott zu gehören bedeutet nicht nur, einige Regeln einzuhalten, sondern unser ganzes Leben nach Gott auszurichten.
Wo uns das gelingt, da werden wir zu Priestern und Heiligen. Da sind wir Menschen, die ganz zu Gott gehören, und da strahlt das auch nach außen hin aus: durch unsere guten Worte, durch unsere Nächstenliebe, durch unsere Haltung zu manchen Dingen. Das war es eigentlich, was Gott von Anfang an mit den Menschen vorhatte: dass sie im Einklang mit ihm gut leben.
Diesen Bund hat Gott immer wieder erneuert: in der Schöpfung, durch seinen Bund mit dem Volk Israel und, wie wir Christen glauben, durch Jesus Christus mit allen Menschen. Allen wird ein für allemal der Bund durch Jesus Christus angeboten.
Manchmal sagen Juden: „Wir sind das ursprüngliche Volk Gottes,alles, was später ist, ist zweitklassig.“ Manchmal sagen Christen: „Wir haben erst den richtigen Bund mit Gott, der alte Bund gilt nicht mehr.“
Schon die Bibel sagt, dass es so nicht ist, sondern dass alle in die Liebe Gottes und in den Bund mit eingeschlossen sind, dass Gott sich um alle bemüht.
Das wird bestärkt durch unseren Abschnitt und unsere Erfahrung, denn Juden und Christen hat Gott erwählt, aber nicht deshalb, weil wir besonders gute Menschen sind.
Als Mose die Worte unseres Abschnittes von Gott den Israeliten ausrichtete, waren sie gerade in einer schweren Phase ihrer Geschichte. Sie hatten das gelobte Land noch nicht erreicht, vielmehr mussten sie durch die Wüste ziehen, mussten mit Angst, beschwerlichem Wandern, Mangel an Nahrungsmitteln und Wasser klar kommen. Auf Gott zu vertrauen, war in dieser Zeit bestimmt schwer, und es gibt auch genügend Geschichten in der Bibel, die zeigen, wie den Juden der Glaube auf der beschwerlichen Wanderung abhanden gekommen ist.
Ich kann mir denken, dass auch viele von uns solche Durststrecken im Glauben kennen. Manchmal ist alles ganz leicht und klar und wunderbar zu spüren, dann wieder ist es mühsam, den Glauben und den Kontakt zu Gott noch aufrecht zu erhalten inmitten der Beschwernisse des Alltags, inmitten unserer Sorgen, unseres Leids oder unserer Ängste. Wie uns Christen der Glaube abhanden gekommen ist, das kann man an der Kirchengeschichte sehen. Gerade das, was die Juden von uns erleiden mussten, ist ein Beispiel dafür. Da mussten 6 Millionen Juden sterben, weil ein ganzes Volk in seiner Angst und Not nicht in der Lage war, einem Demagogen zu widerstehen, der die Juden ausrotten wollte.
Ja, manchmal ist der Kampf, das Leben zu bestehen, so vorherrschend, dass das Vertrauen auf Gott ins Hintertreffen gerät. Die Menschen, die Gott erwählt, sind keine besonders frommen, keine besonders erfolgreichen oder guten Menschen. Sondern normale Menschen wie Sie und ich. Menschen, die kleine und größere Fehler machen, die als Einzelperson wie als Volk schwer versagen können und die vor allem einen Wert mitbringen: von Gott geschaffen, erwählt und geliebt zu sein.
Noch etwas haben wir mit den Juden gemeinsam: Wir brauchen einen gnädigen Gott und wir hoffen auf ihn. Das gibt uns Mut, es immer wieder mit dem Leben im Einklang mit Gott zu versuchen.
Diese Hoffnung wird aus der Erinnerung genährt. Gott erinnert sein Volk Israel an die Wunder, die er bereits getan hat, als er es vor den Ägyptern gerettet hat. Er ist sich wohl bewusst, dass es trotzdem schon wieder Hader und Zweifel unter den Menschen gab. Aber es folgt eine Geschichte, viele Epochen, in denen sich Gott immer wieder um sein Volk bemüht, es immer wieder zu sich ruft und um es wirbt.
Und diese Geschichte geht weiter mit Jesus Christus. Auch er bietet uns immer wieder die Umkehr an, daran erinnert uns das Zeichen des Kreuzes.
Wir Menschen schaffen es nicht, seinen Bund zu halten. Wir brauchen einen gnädigen Gott, gemeinsam mit den Juden hoffen wir auf ihn, und seine Geschichte mit den Menschen macht uns Mut zu dieser Hoffnung.
Was bedeutet das aber nun für unsere Haltung zum Volk Israel?
Vor Gott sind Juden einfach Menschen wie Sie und ich: Menschen, die nach Gott fragen und suchen. Menschen, denen der Einklang mit Gott mal besser, mal schlechter gelingt. Menschen, die wie wir die Gnade und Liebe Gottes brauchen und darauf auch hoffen dürfen.
Und Menschen soll man als Gottes geliebte Geschöpfe grundsätzlich mit Respekt und Achtsamkeit behandeln. Das heißt nicht, dass wir unterwürfig alles gut finden müssen, was der andere tut. Aber das heißt andererseits: Dinge wie Mobbing oder gar Gewalt passen nicht zu Respekt und Achtsamkeit, und wenn wir uns auf diese Weise schuldig machen, handeln wir ganz gewiss gegen den Bund, den Gott uns anbietet.
Und so schenke Gott uns allen, Juden wie Christen, seinen heiligen Geist, damit wir einander und alle Menschen als von Gott geliebte Geschöpfe achten und für uns und miteinander um ein Leben auf Gottes Wegen ringen. Amen.

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.   

Guter Gott, du hast Israel zu deinem Volk gemacht und auch uns in Jesus Christus deine Liebe erwiesen. Hilf uns allen, Juden wie Christen, stets nach dir zu suchen und zu fragen, nach deinem Willen zu leben und in allem auf dich zu vertrauen. Hilf uns, einander Respekt zu erweisen und einander zu achten als deine geliebten Geschöpfe. Schenke du Frieden im nahen Osten, bei uns und in der ganzen Welt und sei du mit deinem Segen bei uns allen. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und der heilige Geist. Amen