19. Sonntag nach Trinitatis

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Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen.
Eph 4,22-32: 22 Legt von euch ab den alten Menschen mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische Begierden zugrunde richtet. 23 Erneuert euch aber in eurem Geist und Sinn 24 und zieht den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit. 25 Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind. 26 Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen 27 und gebt nicht Raum dem Teufel. 28 Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit eigenen Händen das nötige Gut, damit er dem Bedürftigen abgeben kann. 29 Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Segen bringe denen, die es hören. 30 Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr versiegelt seid für den Tag der Erlösung. 31 Alle Bitterkeit und Grimm und Zorn und Geschrei und Lästerung seien fern von euch samt aller Bosheit. 32 Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.

Liebe Gemeinde!
Sie sortierte den Kleiderschrank aus und entschied, welche Kleidungsstücke sie in die Altkleidersammlung geben wollte. Da stieß sie auf ihr Brautkleid. Süß hatte sie darin ausgesehen. Sie konnte es nicht lassen. Schnell aus Jeans und T- Shirt geschlüpft und das Brautkleid übergezogen und vor den Spiegel gestellt. Wow! Sie passte noch hinein, nach 17 Jahren Ehe. Aber wer sah ihr da entgegen? Das war nicht mehr die strahlende Braut. Nein, eine abgearbeitete Frau, alles andere als strahlend. Hausbau, Beruf, erst kleine Kinder, jetzt Pubertiere, all das hatte seinen Tribut gefordert. Aber nicht nur das. „Eigentlich passe ich innerlich nicht mehr in dieses Brautkleid. Was ist nur aus meinem Mann und mir geworden? Wie optimistisch war ich bei unserer Hochzeit. Ich war überzeugt, mit unserer Liebe würden wir einfach alles meistern. Am Anfang stimmte das auch. Da hatten wir richtig heile Welt. Aber dann später? Anfangs hat sich jeder für das Ganze ins Zeug gelegt. Jetzt rechnen wir uns vor, wer mehr arbeitet und was uns materiell zusteht. Früher waren wir tolerant und konnten über die Macken des anderen lachen. Jetzt sind wir oft so verbiestert. Mensch, heute Morgen habe ich meinen Mann wieder angeschrien wegen der offenen Zahnpastatube. Und neulich haben wir uns mal so gestritten, dass wir uns abends nicht einmal gute Nacht gewünscht haben. Das kommt davon, wenn man alles unter den Teppich kehrt. Früher haben wir uns in aller Ruhe rechtzeitig und ehrlich ausgesprochen. Es gab auch keine so kleinen Notlügen wie jetzt, wir haben einfach immer gesagt, wie uns zumute war. Wir waren nicht gemein, nicht sarkastisch, nicht rechthaberisch und intolerant, und wir haben einander geholfen. Jetzt ist das anders. Nein, in dieses Kleid passe ich nicht mehr, ich bin ja nicht mehr die strahlende Braut von damals.“ Seufzend zog sie das Kleid aus. Sorgfältig hängte sie es auf einen Bügel, und da kam ihr eine Idee. Sie dachte: „Vielleicht kann man ja nicht nur Kleidung anziehen, sondern auch eine innere Haltung. Ich könnte mich sozusagen innerlich für meinen Mann schmücken und schön machen. Nicht meckern, wenn er die üblichen kleinen Alltagsmacken hat. Ihn freundlich um Hilfe bitten statt zu schimpfen, dass er so wenig hilft. Ihn ein bisschen bedienen, wenn er müde von der Arbeit heimkommt.  Ich glaube, wenn ich meinen Mann netter behandle, dann wird unsere Liebe wieder wachsen. Dann passt mein Inneres eines Tages vielleicht doch wieder zu dem schönen Kleid der strahlenden Braut.“
Liebe Gemeinde, vielleicht haben wir etwas mit dieser Frau gemeinsam. Wie steht es um Ihre Beziehung zu Gott? Fühlen Sie sich gerade glücklich, eins mit Gott wie die strahlende Braut mit ihrem Mann? Willens und in der Lage, nach Gottes Geboten zu leben: uneigennützig, ehrlich, hilfsbereit, tolerant und vergebungsbereit, freundlich und gütig?
Oder ist Ihre Beziehung zu Gott alltäglich geworden, nicht gerade so strahlend, strapaziert durch den Stress des Alltags, durch persönliches Leid, vielleicht auch durch die vielen Coronabedingungen, die vielen schon seit Monaten auf die Nerven gehen oder andere Faktoren? Schaut Ihnen aus dem Spiegel manchmal nicht mehr der überzeugte Christ, die überzeugte Christin entgegen, sondern ein Mensch, geplagt von Alltagssorgen, Leid oder Zweifeln?
Nun, ich denke, in der Beziehung zu Gott ist es wie in jeder Beziehung: Es gibt Höhen und Tiefen.
Höhepunkte sind vielleicht die Taufe oder die Konfirmation oder andere Momente, wo wir Gott einfach ganz hilfreich und nahe erleben. Da sind wir wie eine strahlende Braut, da ist unsere Welt heil, und da gelingt es uns oft auch erstaunlich gut, so zu leben, wie Gott es haben will.
Und dann gibt es die anderen Tage, wo uns das einfach nicht gelingt. Da flüchten wir uns doch in Notlügen, klatschen und tratschen, sind manchmal ziemlich gemein zu anderen, können nicht verzeihen und schaffen es auch nicht, Gott zu vertrauen. Dann wünschen wir uns vielleicht die strahlenden Tage zurück.
Vielleicht kann uns dann die Einsicht der Frau helfen, von der ich erzählt habe: Auch innerlich kann man etwas „anziehen“. Gut, es ist unwahrscheinlich, dass wir in unsere Konfirmationskleidung oder gar in unser Taufkleid noch passen.  Aber bei der Frau, von der ich erzählt habe, hat sich noch eine andere Form des Anziehens abgespielt: Erinnerung und Neuanfang.
Erinnerung. Was geschah bei der Taufe, was haben wir da in unserer Konfirmation bejaht und bestätigt? Wir sind neue Menschen geworden. Menschen, die dank Jesus Christus zu Gott gehören. Dadurch haben wir eine neue Perspektive. Nicht mehr: durchs Leben gehen und mitnehmen, was geht, weil irgendwann ja alles aus ist, früher als uns lieb ist. Sondern: Gott sagt Ja zu uns. Sein Ja trägt uns durchs Leben und darüber hinaus. Unser Leben wird sinnvoll und gut, auch wenn wir im Leben nicht alles haben können. Und wir dürfen vertrauen: Gott sind wir noch genauso lieb wie zu unserer Taufe, als uns sein Ja zugesprochen wurde.
Aus der Erinnerung an Gottes Ja kann dann ein Neuanfang werden, so wie bei der Ehefrau, von der ich erzählt habe. Neuanfang. Es vielleicht mal wieder intensiver mit Gott, Gebet und Andacht  versuchen. Oder es mit Ehrlichkeit versuchen, uns nicht durch Klatsch oder Tratsch über andere erheben, Fehler zugeben statt Notlügen erfinden. Oder: uns sagen, dass Gott für uns sorgt und gelassen auf Dinge verzichten. Mal über Fehler anderer hinwegsehen und vergeben. Vielleicht werden wir merken, dass unsere Beziehung zu unseren Mitmenschen dadurch besser wird, dass erstaunlich viele uns mit unseren Fehlern annehmen und dass uns vergeben manchmal wohler tut als Wut im Bauch. Vielleicht werden wir merken, dass unsere Beziehung zu Gott besser wird, weil wir spüren, was er uns schenkt, oder weil wir in der Besinnung auf ihn Frieden finden. Und vielleicht passiert das Allerbeste: Wir spüren ein Stück „heile Welt“, und das stärkt unseren Glauben, und der wiederum bewegt uns, noch mehr nach Gottes Willen zu handeln. Eine positive Spirale beginnt, Gott arbeitet an uns, er heilt uns innerlich und bringt uns zum Heil. Und das schenke er uns allen. Amen.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.  
Guter Gott, in der Taufe hast du Ja zu uns gesagt. Wir danken dir dafür und bitten dich: Lass uns dieses ja jeden Tag spüren, damit es uns hilft, dir zu vertrauen, in schweren Zeiten Trost zu finden, gut miteinander umzugehen und den Frieden zu suchen. Leite und stärke du uns jeden Tag durch deinen heiligen Geist. Amen.

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Es segne und behüte dich der allmächtige und barmherzige Gott, der Vater, der Sohn und